Regisseur

Der Regiestab besteht aus Regie, die die kreative Inszenierung verantwortet, und der Regieassistenz, die mit den Departements organisiert, dass alles, was zum Dreh notwendig ist, auch vorhanden ist.

Regieassistenz ist also das Gegenteil von kreativer Gestaltung – ein rein organisatorischer Beruf. Die beiden Berufe bilden eine Symbiose und lassen vor allem Regisseure, deren Talent auf der kreativen Seite des Filmemachens besteht, „überleben“ im Gewusel, das ein Dreh verursacht. Eine gute Regieassistenz hat schon viele Filme und noch mehr Regisseure gerettet. Es ist deshalb ein Irrglaube, dass aus Regieassistenten zwingend der nächste Regisseur werden würde.

Regie ist natürlich die Königsdisziplin. Der Chef im Ring, der König über ein Heer auf Zeit (bis zum Drehende) und der unumschränkte, absolutistische Herrscher über das Geschehen.

Nicht zu vergessen ist die Script Continuity, die auch eine Position des Regiestabes ist, die aber erst bei größeren Produktionen erforderlich wird.

Wer wird Regisseur?

Die Regie ist natürlich auch an den Filmhochschulen die Königsdisziplin. Die Explosion der Anzahl der Filmhochschulen, die oft mit zwei Studiengängen Regie ausbildet (z. B. die FHH München bildet Dokumentation- und Spiel-Regie parallel aus) führt zu einem ziemlich großen Angebot am Markt. Natürlich haben alle weiteren Personen am Set im Kopf, dass sie gerne auch Regisseur wären, es ist halt im Filmgeschäft die ultimative Aufstiegsphantasie.

Also ist die Ausbildung an einer Filmhochschule definitiv die beste Idee, aber es ist bei Weitem keine Garantie, nur ein Bruchteil der Studienabgänger wird später wirklich Regie führen. Die Filmstudenten sind einfach im Vorteil: Wer sich vier bis fünf Jahre nur damit auseinandergesetzt hat, wie man Filme macht, ist gegenüber jedem Quereinsteiger, der viele Jahre einen anderen Beruf ausüben musste, klar im Vorteil. Die Qualität der Schulen ist gut geblieben, obwohl sie sich verdreifacht haben. Sie geben viel Geld aus: Es ist der zweitteuerste Studienplatz nach Astrophysik.

Das kommt schlicht daher, dass die Hochschule auch noch die Abschlussfilme bezahlt. Das sollte man mal einem Amerikaner, der Regie studiert, erzählen; der würde vor Unglauben umfallen. Die Abschlussfilme sind die Chance auf Hochschulkosten, quasi das Bewerbungsband gleich mitzubringen: die verschiedenen Filme, die ein Student auf Kosten der Hochschule machen kann.

Vor der Inflation der Hochschulen gab es Querseinsteiger, insbesondere aus der Theaterwelt. Das Inszenieren muss man halt irgendwo lernen. Manchmal haben sich auch Regisseure „nach oben gearbeitet“ über verschiedene Stufen der Filmleiter. Heute sind vielleicht noch etwa 20 % – 30 % Quereinsteiger ohne Regiehochschulabschluss.

Immer wieder kommen Menschen aus anderen Filmberufen zur Position des Regisseurs. Drehbuchautoren haben oft gute Karten, nach einer Reihe von Filmen bei einem Projekt zu erzwingen, dass sie auch Regisseur werden, Quentin Tarrantino hat es so geschafft. Kameraleute sind präferiert, wenn sie Schauspieler führen können. Schauspieler werden eigentlich nur dann berufen, wenn sie so berühmt sind, dass sie die Forderung stellen können und das Projekt ohne ihr Erscheinen nicht zustandekommen würde. Kameraleute sind des öfteren in einer guten Position, da sie dem Regisseur ihrer Tätigkeit nach „am nächsten“ sind.

Aber es gibt immer auch noch einen anderen Weg: Am meisten beeindrucken mich Menschen, die es durch schiere Willenskraft schaffen. Sie sind die treibende Kraft hinter einem Projekt, realisieren es und räumen alle Hindernisse selbst aus dem Weg. Niemand stellt sie an, niemand sagt ihnen, dass sie nicht Regisseur werden können. Robert Rodriguez hat es so geschafft (unübertrefflich sein Buch dazu – „Rebel Without a Crew“).

Es ist etwas unfair, dass die Regie alles bekommt: Den ganzen Ruhm. Wer weiß schon, wer Ben Hecht ist? Wenn Sie es wissen, sind sie vermutlich Drehbuchautor. Ben Hecht hat viele, viele Hitchcock-Drehbücher geschrieben – aber keiner kennt ihn.

Selbst absolute Experten – wie zum Beispiel die Redakteure von "TV-Spielfilm" – vertun sich hier gerne: Sie schreiben die beeindruckende Story eines Films dem Regisseur zu – dabei hat sie der Autor erfunden.

Den Look, das Kostüm, das Szenenbild und das Licht schreiben die Filmkritiker auch gerne dem Regisseur zu, dabei ist es oft der Kameramann, der dafür verantwortlich ist. Tim Burton für das Set der ersten Batman-Filme zu loben, ist nett, oder Ridley Scott für die Kulisse von Blade Runner – geschaffen hat aber die Kulisse der Szenenbildner – ein Namenloser, nun werden auch noch seine Leistung, sein Erfolg einem anderen zugerechnet, der dafür laut gepriesen wird. Das Leben ist nicht gerecht. Und dabei sind die oben genannten noch Regisseure, die für die Creation eines Looks zu Recht berühmt sind, aber die Kulisse bauen sie nun wirklich nicht.

Der ganze Ruhm für einen Film – der immer eine höchst arbeitsteilige Leistung ist – wird so oft allein und nur dem Regisseur zugeschrieben, dass manche Lehrer an Filmhochschulen ihren Produzentenschülern allen Ernstes raten, einen Co-Regie-Credit zu verlangen, um wenigstens dadurch etwas vom Ruhm abzubekommen.

Was wird verdient?

Für Regie wird meist eine Pauschale vereinbart. Das pauschale Honorar wird für alles gezahlt, was die Regie auf dem langen Weg zum fertigen Film zu leisten hat: Drehvorbereitung, Schnittüberwachung, Endfertigung (Post Produktion) sind immer enthalten. Die Regiegage für einen TV-Film, der in der Prime Time (20 Uhr bis 22 Uhr) ausgestrahlt werden soll, beträgt etwa 50.000 Euro. Natürlich führen die früheren Erfolge des Regisseurs zu Ausschlägen um die 10.000 Euro – nach unten, also Richtung 40.000 Euro, wenn er keine Erfolge hatte.

Das ist eine Buy-Out-Gage. Die öffentlich-rechtlichen Sender zahlen für Spielfilme in der Prime Time sog. Wiederholungshonorare, d. h., es gibt je nach Sendeplatz – am meisten natürlich um 20.15 Uhr – bis zu 100 % der Gage noch einmal, dafür ist das Grundhonorar niedriger. Es ist aber nicht wie bei den Autoren die Hälfte, sondern etwas mehr.

Wiederholungshonorare sind wirklich nett, wenn ein Regisseur eine ganze Serie gedreht hat und der Sender sich entscheidet alles zu wiederholen. Da das den Sendern auch zu teuer geworden ist, haben sie verschiedene Wege gefunden, das billiger zu machen und zwar, indem sie nur einen Teil der Gage als wiederholungsfähig ansehen wollen, möglichst auch Buy-Out-Gagen zahlen, Einkaufsgesellschaften gegründet haben, die die Produktion bezahlen etc.

Der Kampf um die Wiederholungshonorare erfasst dann auch die Frage, wie viel zu zahlen ist, wenn der Film auf einem anderen Sendeplatz wiederholt wird, meist wird hier sehr abgestuft gezahlt und nachts gibt es dann so gut wie nichts mehr.

Für drei Folgen einer Serie industrieller Fertigung bekommt man da gerne auch dasselbe wie für einen großen Film und ist dafür nach 15 (Dreh-)Tagen durch.

Regisseure werden meist in monatlichen Raten bezahlt und sind fast immer Angestellte. Das heißt, sie haben Anspruch auf Urlaub und Sozialabgaben. Immer wieder wird versucht, das zu umgehen, und es bestehen ganz gute Chancen, wenn ein Antrag an die Clearing-Stelle der deutschen Rentenversicherung (früher Bfa) gestellt wird und nur ein Einzelstück, also ein 90-Minuten-Film für das Produktionsunternehmen in einem Jahr hergestellt wird.

Regisseure sind mit einer nicht definierbaren Vorbereitungszeit, der Drehzeit und dem Schnitt, die am längsten Beschäftigten in einer Produktion. Selbst die Produktionsleiter dienen nicht so lange einem Projekt.

Ein Regisseur ist in Deutschland wirklich weit vom Reichtum entfernt. Auch echte Profis schaffen nur eine gewisse Anzahl von Spielfilmen pro Jahr, andere Erwerbsquellen gibt es als Regisseur nicht. Deshalb ist fast immer der Weg zu der Autorenarbeit oder der Coproduktion gesucht worden, um die Margen etwas aufzubessern. Wirklich wohlhabend kann man außer als absoluter Star-Regisseur – aber davon gibt es im TV nur Helmut Dietl und Dieter Wedel – nur werden, wenn Serie am Stück und pausenlos gedreht wird.

Der Kinofilm

Kinofilme sind unberechenbarer zur Festlegung der Gage, aber bei einem Budget von 3–4 Mio. Euro sind etwa 90.000 Euro für den Regisseur zu veranschlagen. Sönke Wortmann kriegt man dafür aber nicht.

Regisseure gehen mit ihren Gagen bis zur Selbstaufgabe nach unten, sobald es „Kino“ heißt. Gagenrückstellungen sind die Regel und nicht die Ausnahme. Deshalb kann bei all den Filmen, die gerade einmal 10.000 Zuschauer erreichen (laut Kinoverband rund 90 % der deutschen Filme), davon ausgegangen werden, dass ein Regisseur nur um die 10.000 Euro verdient. Oft wird durch die Rückstellung auch dieser Betrag nicht erreicht.

Natürlich steigt das Einkommen mit dem Erfolg. Wer mehrere Kinofilme im Budget nach Hause gebracht hat und auf respektable Erfolge bei den Zuschauern und den Kritikern verweisen kann, vielleicht sogar die eine oder andere Referenzförderung (ab 100.000 Zuschauern) eingefahren hat, kann dann auch beruhigt in den sechsstelligen Bereich vordringen.

Regisseure sind meist schlechter bezahlt als Autoren, dafür gibt es keinen Grund. Verlangen Sie einfach auch 3 % vom Budget.

Viele Regisseure versuchen Coproduzenten zu werden, um

  • mehr zu verdienen,
  • größere künstlerische Kontrolle zu haben.

Das ist nicht ganz ungefährlich, denn das Haftungsrisiko ist nicht überschaubar. Der Regisseur haftet auf einmal für die ganze Produktion und Produzieren ist ein Job, der schon eine ganze Person erfordert und sich aufzuteilen zwischen diesen beiden, oft widersprüchlichen Jobs, ist schon manchem misslungen. Die Gründung einer GmbH kann eine Hilfe sein, um wenigstens der Privatinsolvenz zu entkommen, wenn der Film das Budget sprengt, aber es löst lange nicht alle Probleme. GmbHs sind teuer, arbeitsintensiv und kompliziert. Solange der Regisseur nicht sehr viel vom Produzieren versteht und ein Händchen für Papier, Zahlen, Geschäftspraktik und -taktik sowie Finanzierung hat (oder eine Person seines absoluten Vertrauens, die das beherrscht) – hands off.

Viele Regisseure gucken hungrig auf die Pfründe der – in ihren Augen – reichen, satten Autoren und versuchen eine letzte Fassung des Drehbuchs zu schreiben, eine regieliche Einrichtung oder Regie-Fassung oder das sog. kurbelfertige Drehbuch und darüber etwa weitere 10.000 Euro zu ergattern. Das machen natürlich Autoren nicht gerne mit, denn es wird ihnen von ihrem Honorar abgezogen, aber manchmal klappt es.

Eine Beteiligung des Regisseurs wird gerne vereinbart, jedoch ist das selten zielführend für den Regisseur, denn er erhält vielleicht einen Escalator, wie der Autor, für das Erreichen bestimmter Zuschauerzahlen, also z. B. ab 500.000 Zuschauer weitere 10.0000 Euro, ab 1 Mio. Zuschauer 20.000 Euro etc. (zur Beschreibung eines Escalators siehe dort), aber die üblicherweise vereinbarte Beteiligung am Produzenten-Netto bringt fast nie etwas ein. Immer wieder schlug ich vor, eine Beteiligung pro verkaufter DVD zu verlangen, aber die Produzenten waren nie begeistert.